In dieser Republik scheint irgendwie nichts unmöglich zu sein. Die erste Meldung heute Morgen, die mir ins Auge sprang, kam von der Tagesschau: „Faeser verbietet Compact Magazin“. Das Bundesinnenministerium hat also eine auflagenstarke Zeitung und damit die dahinterstehende Compact Magazin GmbH als Verein wegen „menschenverachtender Hetze“ verboten. Soso. Das ist selbst für die bundesrepublikanische Verbotspraxis mal etwas Neues. Ich hoffe, dass mir irgendwann mal die Verbotsverfügung in die Hände fällt, um genauer zu verstehen, wie aus einer GmbH ein Verein konstruiert werden kann, aber die juristischen Hintergründe sind an dieser Stelle erst einmal nebensächlich. Die Fakten sind geschaffen, auch wenn das Verbot sicher einen interessanten Rechtskampf nach sich ziehen wird.
Viel interessanter als die juristischen Hintergründe sind die Reaktionen auf das Verbot. Man könnte meinen, dass das Verbot eines monatlich angeblich in 40.000 Exemplaren aufgelegten und vertriebenen Magazins den ein oder anderen Pressevertreter irgendwie besorgt stimmen müsste. Unabhängig von Parteizugehörigkeit und politischen Auffassungen ist der Aufschrei in dieser Zunft doch immer sehr groß, wenn die Pressefreiheit angeblich irgendwo bedroht worden ist. Hier gibt es nun gerade einen Fall in dem nicht ein einzelner Artikel, nicht eine einzelne Ausgabe, sondern eine ganze Zeitung verboten worden ist und niemand in der etablierten Medienlandschaft scheint irgendwie darüber besorgt zu sein. Das Verbot ist aber nichts anderes als Zensur. Das Verbot ist also ein direkter Angriff auf die Pressefreiheit und trotzdem gibt es nirgendwo einen Aufschrei darüber?
Wäre etwas ähnliches in Russland, Nord-Korea, China oder Saudi-Arabien passiert, wäre das Geschrei über diese „Unrechtsregime“ nicht zu überhören. Der bundesrepublikanische Medienzirkus scheint also Zensur mit zweierlei Maß zu bewerten, was das ganze Gerede über Pressefreiheit endgültig als Floskel entlarvt. Wer sich als Journalist nicht gegen das Verbot ausspricht, hat sich offensichtlich zumindest längst von seinen stets betonten Idealen verabschiedet und sitzt bildlich gesprochen wohlgenährt am Katzentisch der Herrschenden.
Überraschend? Mitnichten. Wenn irgendwer von uns – und damit meine ich eigentlich das ganze nationale Spektrum von alt-, neu-, bis ultramegarechts (oder wie Ihr Euch auch immer bezeichnen mögt) – mit etwas anderem gerechnet haben sollte, dann ist das nur ein Hinweis auf eine erschreckenderweise immer noch vorhandene Naivität gegenüber diesem System, seinen Säulen und seinen Fundamenten. Was als Lizenzpresse begann, hat sich offensichtlich bis heute nicht emanzipiert. Schön, dass wir das so wenigstens einmal wirklich deutlich vor Augen geführt bekommen haben. Danke Nancy.
Wenn das Verbot aus deutschfreundlicher Sicht auch für nichts zu gebrauchen war, so ist es doch schön, dass man damit ein griffiges Argument geliefert bekommen hat, um jedem Traumtänzer und Systemreformer nochmal die Fakten vorhalten zu können.
Aber davon mal ab, auch wenn es unserer von Sonnenkönigen bevölkerten Bewegung nicht direkt klar sein mag: Nancy Faeser und ihre Behörde haben das Verbot nicht erlassen, um uns Argumente zu liefern oder weil das Compact-Magazin an sich eine wirkliche Gefahr für den Bestand dieser Republik gewesen wäre.
Das Compact-Magazin war sicher das wichtigste Wutbürger-Organ und ist so ziemlich auf jeder Protestwelle der letzten Jahre in irgendeiner Art mitgeritten. Es hatte damit also bestimmt eine wichtige Funktion im metapolitischen Raum des bürgerlicheren rechten Spektrums eingenommen, aber das allein ist sicher noch lange nicht gefährlich für den Bestand dieses Staates gewesen.
Mir selbst waren viele Dinge zu platt, zu plakativ oder die Positionen einfach zu skurril, um regelmäßiger in das Blatt schauen zu wollen. Ein angepeilter Regimesturz durch das Compact-Magazin und seinen Herausgeber wirken daher auf mich etwa so realistisch, wie die Einrichtung einer neuen Reichsregierung im Hinterzimmer als Ablöse dieser verwunschenen Republik. Die Autoren diverser Anklageschriften könnten daher durchaus auch die geistigen Väter dieser Verbotsverfügung gewesen sein.
Nancy Faeser mag ideologisch verblendet sein, sie mag ihre Behörde als Werkzeug im Kampf für ihren Kreuzzug gegen alles Nationale nutzen, aber das Gefühl durch die Existenz des Compact-Magazins wirklich bedroht gewesen zu sein wird sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht gehabt haben.
Wieso also dann das Verbot? Wieso als ein Strippenzieher dieses angeblich demokratischen Systems einen offensichtlichen Akt der Zensur umsetzen? Ist das alles, wie gern von rechts behauptet, einfach ein Test, wie weit man gehen kann?
Ich denke nicht. Mein Bauchgefühl sagt mir, dass die Herrschenden in diesem System schon genau wissen, was sie tun können ohne dass es einen größeren Aufschrei in der Medienlandschaft oder im Wahlvolk geben wird. Das Verbot ist kein Test – es ist eine Nachricht. Nicht an Jürgen Elsässer, um ihm klarzumachen, dass zu radikale Rhetorik irgendwann Konsequenzen haben könnte, sondern an die durch das Compact-Magazin hofierten politischen Kreise. Also eine Nachricht an das rechte Spektrum der AFD.
Dort, wo sich um die Futtertröge des Systems gestritten wird, gibt es gerade nach den Ergebnissen der letzten Wahlen ohne Frage sichtbare Sorgen, dass die AFD in absehbarer Zeit immer mehr Gelder einstreichen könnte, die dann nicht mehr in die Taschen etablierter Parteien fließen. Ganz unabhängig von irgendwelchen ideologischen Fragen, geht es – wie immer, wenn es um Geld geht – für diese Leute so ans Eingemachte.
Ein Verbot der AFD, die trotz (oder vielleicht sogar gerade wegen) der ständigen Meldungen über ihre angebliche Gefährlichkeit für den politischen Apparat eine nicht unerhebliche Zahl an Wählern gewonnen hat, traut sich im Moment zumindest auch Nancy Faeser nicht ernsthaft anzustreben.
Die juristischen Hürden dazu sind deutlich höher als bei einem Vereinsverbot, und mal ganz davon ab, wäre wohl damit zumindest im Moment auch der Bogen überspannt. Speziell in Mitteldeutschland, wo die AFD am stärksten verankert ist, wüssten zu viele Menschen wohl nicht mehr, wo sie noch zwischen der DDR und der BRD einen Unterschied machen sollten. Einen offenen Krieg gegen das eigene (Wahl-)Volk vermeidet man auch an den Futtertrögen der Macht, zumindest so lange, wie man die Oberhand mit anderen Mitteln behalten kann.
Trotzdem ist der Ton in den letzten Monaten gegenüber der AFD deutlich rauer geworden. Die AFD wird inzwischen als rechtsextremistischer Verdachtsfall geführt und ihre Jugendorganisation Junge Alternative (JA) wird als „gesichert rechtsextremistisch“ eingestuft. Beide werden also ganz offiziell vom Verfassungsschutz beobachtet.
Damit ist zumindest die Tür für eine Verbotsdebatte schon einmal einen Spalt breit geöffnet worden. Das Compact-Magazin wurde vom Verfassungsschutz bereits im Dezember 2021 als „erwiesen rechtsextremistisch“ eingestuft. Man hatte also gute zweieinhalb Jahre Zeit für die Materialsammlung, die in diesem Verbot geendet ist.
Gerade in den letzten Monaten wurde die Unterstützung der AFD durch das Compact-Magazin deutlicher denn je. Mit der Veranstaltungsreihe unter dem Titel „Blaue Welle“ war klar, dass sich das Compact-Magazin klar positioniert hat. Jürgen Elsässer als Gesicht des Compact-Magazins positionierte sich dabei klar und fabulierte gern von Thüringens AFD-Landesvorsitzenden Björn Höcke als „Führungsfigur“ einer Nachfolge des „volksfeindlichen Ampelregimes“.
Die politische Realität innerhalb und außerhalb der AFD sind weit davon weg, dass man Björn Höcke in dieser Position sehen könnte, aber das ist unerheblich, wenn es um die Nachricht geht, die von den Machthabern gesendet werden soll.
Eine AFD, in der das Spektrum um Björn Höcke die Marschrichtung vorgibt, wäre sicher gefährlicher für die Herrschenden als ein gemäßigter Kurs, der immer mit einem Auge nach möglichen Koalitionspartnern sucht. Man will die AFD zwar am liebsten gar nicht an den Futtertrögen dulden, aber wenn sie schon dort Platz nimmt, dann doch bitte in einer leicht handhabbaren Form.
Wer sich brav an die über Jahrzehnte gepflegten Rituale und Abläufe hält, wer artig mitschwimmt, ist am Ende vielleicht gar nicht mal unpraktisch, zumindest solange er noch als Feigenblatt für die volksfeindliche Natur dieses Systems taugt. Ein wütender Bürger, der meint seine Wut durch die Wahl der AFD kanalisieren zu können, wird sich nicht so leicht aus dem System verabschieden, sein Heil nicht abseits des demokratischen Theaters suchen und nicht anfangen, ernsthaft an alternativen Ansätzen mitzuarbeiten.
Wer seine Feinde klar erkennt und sich nicht immer von dem Gerede über die Unfähigkeit der jeweiligen Regierung übertölpeln lässt, wird sich nicht in neue Schaukämpfe verwickeln lassen. Für dieses System ist der Glauben an die Schaukämpfe aber überlebenswichtig. Ohne diesen Glauben verliert diese sogenannte Demokratie ihre Legitimation. Die AFD könnte also – je nachdem in welche Richtung sie sich in den nächsten Jahren entwickelt – durchaus für eine gewisse Zeit sogar noch nützlich für diese Republik werden.
Das Compact-Magazin ist also eine Art Bauernopfer geworden. Eine Nachricht an die AFD, dass man auch bereit ist Verbote anzugehen, selbst wenn es gegen eine recht auflagenstarke Publikation geht und man mit Protesten rechnen muss. Diese Nachricht scheint auch bereits beim Empfänger angekommen zu sein.
So reagiert man innerhalb der AFD-Führung also, wenn ein in der Vergangenheit verlässlicher Partner angegriffen wird. Die AfD wird das kommende Verfahren kritisch begleiten und beobachten. Na, wenn das mal nicht nach Kritik und einer starken blauen Welle klingt, dann weiß ich es auch nicht…
Es war ein erster Schuss vor den Bug für die AFD; ein harmloser Schuss, wenn man bedenkt, dass rechtlich auch ein Verbot, der Jungen Alternative (JA) denkbar gewesen wäre, die ja, wie bereits erwähnt, auch als „gesichert rechtsextremistisch“ angesehen und beobachtet wird.
Eine Diskussion darüber hatte es bereits Anfang dieses Jahres in die Medien geschafft (z. B. hier: https://www.tagesschau.de/inland/gesellschaft/junge-alternative-verbot-100.html). Bereits da wurde innerhalb der AFD erneut über den Umgang mit der JA gestritten, bereits da schien die Angst vor einem Verbot sehr groß zu sein.
Dieser Angst ist mit dem Verbot der Compact Magazin GmbH sicher neues Leben eingehaucht worden. Alles, was irgendwie zu sehr nach Ansätzen von Vernunft, Vaterlandstreue und Verbundenheit zum eigenen Volk klingt, wird in Zukunft also einen noch schwereren Stand in der AFD haben, weil bürgerliche Verlustängste nach dem heutigen Verbot die Geschicke dieser Partei noch viel stärker prägen werden, als sie es bisher schon getan haben.
Wer klug ist,weiß, dass Angst noch nie ein guter Berater war. Wer die Seele unseres Volkes kennt, wird auch nicht umhinkommen festzuhalten, dass die großen Personen unserer Geschichte nicht durch feiges Hadern und Zögern ihren Platz in den Geschichtsbüchern gefunden haben.
Wer es also ernst mit dem Kampf um Deutschlands Freiheit und Souveränität meint, wer will, dass dieses Volk auch in kommenden Generationen seinen Platz in Europa einnehmen kann, wird immer bereit und gewillt sein, unerschrocken in den Kampf zu ziehen. Daran wird sich die AFD messen lassen müssen.
Parteien sind Werkzeuge und kein Selbstzweck. Ein Werkzeug, das man nicht richtig benutzt, sondern nur um seiner selbst willen in Stand hält, hat keinen Wert. Das ist eine Lektion, die innerhalb der deutschen Rechten hoffentlich irgendwann einmal allgemein verstanden wird – und das nicht erst, wenn es zu spät ist.
Da diese Erkenntnis in der radikalen Rechten, die von Natur aus revolutionärer und offener für neue Wege ausgerichtet ist, oft schon nicht ausreichend beherzigt wird, scheint mir der zukünftige Weg der AFD, deren Mitgliederbasis bis heute mehr Krämerseelen als Freiheitskämpfer zu umfassen scheint, leider schon heute klar zu sein.
Ich war nie ein Befürworter der AFD, hoffe aber schon allein wegen der absehbaren metapolitischen Auswirkungen eines zu deutlichen Versagens dieser Partei, dass ich dieses Mal etwas zu negativ an die Sache herangehe und falsch liege.
Wenn die AFD nicht bereit ist, die Rolle einer ernsthaften Opposition einzunehmen und sich nur dort zu Wort meldet, wo es gefahrlos scheint, wird sie zu einem Feigenblatt für das herrschende System. Einem Feigenblatt, was am Ende sicher viele gutherzige deutsche Herzen enttäuscht zurücklassen würde.
Nach der Wende hörte man die geflügelte Parole „Verkauft und verraten von den Demokraten!“ noch sehr oft. Hoffen wir, dass sich hinter dieser Parole nicht irgendwann auch der brauchbare Anteil der AFD-Mitglieder und Funktionäre einordnen lassen muss, weil sie aus Angst oder Parteidisziplin zu lang gezögert haben, das Richtige zu sagen und zu tun.
So verrückt, skurril und weltanschaulich oft falsch die im Compact-Magazin vertretenen Thesen auch gewirkt haben mögen. Dieser Akt der Zensur darf nicht unbeantwortet stehen gelassen werden – weder von der AFD, noch von der restlichen nationalen Opposition.